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Wir bauen: Nürtingen

19.01.2023

Zentrale Notaufnahme: Die rettende Spange

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Es ist alles eine Frage der Zeit – in der Notaufnahme. Wenn ein Schwerverletzter eingeliefert wird, darf keine Minute verloren werden. Wenn am Samstagabend ein Hobbykoch mit einer Schnittwunde kommt, kann aber die Wartezeit länger als die Garzeit des Rindersteaks sein, das nun in der Küche herumliegt. Gleichzeitig mit dem Hobbykoch ist der Patient mit Brustschmerzen eingetroffen und gerade steuert der Notarzt mit einem Unfallopfer in die Einfahrt. In die Notaufnahme kommt man ohne Termin. Gerade deshalb muss hier alles wie am Schnürchen laufen, muss jedes Beschwerdebild schnell und richtig eingeschätzt werden. So setzt die Zentrale Notaufnahme (ZNA) der medius KLINIK NÜRTINGEN auf ein interdisziplinäres Team, auf optimale Prozessabläufe und auf kurze Wege.

In einem Neubau sollen nun beste Bedingungen für die Versorgung von Notfallpatienten geschaffen werden. Die Zeit dafür ist reif, denn die Auslastung der ZNA beträgt mehr als 100 Prozent. Die Patientenzahlen, so erklärt Klinikleiter Norbert Nadler, seien stetig gestiegen. Nürtingen ist als regionales Traumazentrum zertifiziert und übernimmt als erweiterter Notfallversorger eine zentrale Rolle in der Region.

Zwei Baukräne stehen seit dem Frühjahr auf dem Areal zwischen Parkhaus und Haupteingang der Nürtinger Klinik. Im Herbst wurde der Rohbau fertiggestellt, Mitte 2024 wolle man einziehen, sagt Klinikleiter Norbert Nadler. Die neue ZNA erhält zwei Schockräume, 24 Behandlungsplätze, eine Beobachtungsstation mit neun Betten und Räume für eine Portal- oder Notfallpraxis. Der neue Hubschrauberlandeplatz kommt aufs Dach.

„Räume und Ausstattung sind wichtig, doch zunächst muss verstanden werden, dass jeder ZNA-Patient anfangs interdisziplinär betrachtet werden muss“, betont Dr. Heiner Stäudle, Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme, und nennt ein Beispiel. Der Oberbauchschmerz kann vom Herzen, der Gallenblase oder auch von der Hauptschlagader kommen. Wenn man den Patienten vorschnell in eine „fachspezifische Schublade“ steckt, können mögliche andere Diagnosen untergehen. Das Team um Dr. Stäudle ist für die Erstversorgung zuständig. Das heißt für die Einschätzung der Erkrankung, die Notfalldiagnostik und die fachübergreifende Notfalltherapie. Sollte eine weitere stationäre Behandlung notwendig sein, wird der Patient der entsprechenden Fachabteilung zugeführt.

Bei der Planung des Neubaus haben Stäudle und sein Team kräftig mitgewirkt. Sie haben sich Notaufnahmen in ganz Deutschland angeschaut und dann ihre Vorstellungen mit den Architekten des Nürtinger Büros arabzadeh.schneider.wirth besprochen. Als zentrales Element ist dabei die „Notfallspange“ für schwerstkranke Patienten herausgekommen. Diese besteht aus zwei Schockräumen, einem Computertomographen und einem Röntgenarbeitsplatz. Von der Wagenhalle geht es direkt in Schockraum Nummer 1 – nicht mehr in den Aufzug wie bisher. Daran schließt sich der Raum mit dem neuen Computertomographen an. Darauf folgen ein zweiter Schockraum und der Röntgenarbeitsplatz. Neu sind nicht nur die Anordnung und Infrastruktur dieser vier Räume, sondern auch die Zuteilung der Patienten. Im Schockraum werden nicht nur die klassischen Polytraumata, beispielsweise schwerstverletzte Unfallopfer, versorgt, sondern auch alle anderen lebensbedrohlichen Fälle, etwa eine Lungenembolie. Die Zahl dieser nicht-traumatologischen Schwerkranken ist viel höher als die Zahl schwerverletzter Patienten.

Es bringt viele Vorteile mit sich, diese kritisch kranken Patienten – insbesondere mit akuten Störungen der Atmung, des Kreislaufs oder des Bewusstseins – zunächst in den Schockraum mit seinen speziell definierten Abläufen und Standards für Notfalldiagnostik und Notfalltherapie aufzunehmen, erklärt Dr. Heiner Stäudle. Außerdem sind hier alle Vorhaltungen getroffen, um schnell auch invasive Maßnahmen zur Stabilisierung der Patienten durchführen zu können. Im Rahmen der Versorgung im Schockraum wird dann auch über die anschließende Weiterbehandlung entschieden. Erste Studien zeigen, dass dieses moderne Konzept eines nicht-traumatologischen Schockraums die Versorgungsqualität deutlich steigere, Zeitersparnis bringe und die Ressourcen der Intensivstation schone.
Die direkte Abfolge von Räumen und Geräten garantiert auch, dass mit dem lebensbedrohlich Erkrankten möglichst schonend umgegangen werden kann. Der Patient wird so wenig wie möglich bewegt, auch beim Transport zwischen den Räumen der Notfallspange. Überwachungs- und Beatmungsgerät bleiben ebenfalls sicher am Körper. Schon vor der Pandemie geplant, jetzt noch wichtiger: Potenziell infektiöse Patienten kommen von der Wagenhalle direkt in ein speziell ausgestattetes Isolationszimmer, ohne andere Bereiche der ZNA zu passieren.

Nicht alle Notfälle kommen mit dem Rettungsdienst. Ein Großteil der Patienten kommt zu Fuß oder mit Begleitperson in die Notaufnahme – künftig über einen eigenen Eingang. Sie melden sich an einem Tresen an, der sowohl für die Notaufnahme des Krankenhauses als auch für die Notfallpraxis zuständig ist. Dieser gemeinsame Tresen ist eine neue gesetzliche Vorschrift und Stäudle findet diese Verzahnung sinnvoll. Für die fußläufigen Patienten gibt es in der Notaufnahme zwei Räume zur Ersteinschätzung (Triage).

Die nur leicht erkrankten Patienten können über den sogenannten Fast-Track-Raum direkt behandelt und dann aus der ZNA entlassen werden – ohne lange Wartezeit. Im Mittelpunkt des Neubaus befindet sich der interdisziplinäre Stützpunkt, also die Schaltzentrale der ZNA. Auf Monitoren kann hier jeder der 24 Behandlungsplätze beobachtet werden. Auf einem großen Bildschirm erkennt das ZNA-Team, welche Rettungsmittel die Klinik ansteuern, wann sie eintreffen und worauf sich das Team vorbereiten muss. Bei der Planung der Schaltzentrale haben sich die Architekten besonders ins Zeug gelegt: Im Konferenzraum der Klinik wurde mit Kartonboxen die ZNA-Zentrale 1:1 modelliert, so dass Stäudles Team vom künftigen Arbeitsplatz schon vor Baubeginn eine bessere Vorstellung bekam und die Planung optimieren konnte.

Ergänzt wird die ZNA durch eine Beobachtungsstation mit neun Betten. Sie erhält einen eigenen Stützpunkt und könnte bei Bedarf, etwa aufgrund von Pandemiefällen, autark betrieben werden. Gekrönt wird die neue ZNA mit dem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Anbaus. Die beheizbare und beleuchtete Plattform sichert auch den Winter- und Nachtbetrieb.

 

Norbert Nadler, Klinikleitung medius KLINIK NÜRTINGEN

Dr. med. Heiner Stäudle, Ärztliche Leitung Zentrale Notaufnahme (ZNA), medius KLINIK NÜRTINGEN

Stefan Schneider, Dipl.-Ing. Freier Architekt BDA, arabzadeh.schneider.wirth planungsgesellschaft mgh

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